Auch ein Maßschuh - Nachbau eines Schuhes aus der Michael Schumacher Kollektion von LLOYD
Dem deutschen Schuhhersteller LLOYD in Sulingen sind wir – auch durch den Schuhverkauf und Besichtigungen – auf besondere Art verbunden. Und natürlich sind auch sehr viele Kunden echte Fans der Marke LLOYD.
So erreichte uns eine Anfrage von einem langjährigen LLOYD-Kunden mit der Bitte, das im Handel schon länger nicht mehr erhältliche Modell SPA aus der Michael Schumacher Collection 2002 von LLOYD nachzubauen.
In diesem speziellen Fall benötigten wir für ein authentisches Ergebnis allerdings auch eine Original-LLOYD Sohle, da diese entscheidend zum orignalen Look der Schuhe beiträgt. Dem Kunden gelang es, einen nahezu ungetragenen - aber leider schwarzen Schuh - aus der Kollektion gebraucht zu kaufen. Nun waren nicht nur die Originalsohle, sondern auch die Original-Embleme vorhanden.
Daher nahmen wir als nächstes Kontakt mit der Firma LLOYD auf, um eventuelle rechtliche Fragen zu klären. Zusammen mit dem Kunden haben wir uns sehr gefreut, das die Firma LLOYD uns auch in diesem besonderen Fall – weit über das übliche Maß hinaus – geholfen hat:
Sehr geehrter Herr Baumbach,
in Würdigung der geschätzten Zusammenarbeit mit Ihrem Hause und Ihrer tiefen Verbundenheit zum traditionellen Schuhmacher-Handwerk räumen wir Ihnen hiermit das exklusive Recht ein, die LLOYD-Kennzeichen für den Nachbau des von Ihnen in der E-Mail vom 21.11.2013 illustrierten Modells der Sonderkollektion Michael Schumacher zu verwenden.
Diese Einzellizenz ist auf die Herstellung und den Verkauf dieses Sondermodells begrenzt, im Weiteren unentgeltlich und nicht übertragbar.
Wir freuen uns auf eine weiterhin angenehme Zusammenarbeit und verbleiben mit freundlichen Grüßen.
So konnten wir uns ruhigen Gewissens an Werk machen.
Schuh-Anatomie
Nichts für schwache Nerven – die inneren Werte:
Den zum Recycling freigegebenen Schuh mussten wir natürlich erst mal anatomisch korrekt zerlegen. Sowohl um die Sohle zu sichern, als auch um den inneren Aufbau des Schuhes in Augenschein zu nehmen.
Während ein klassischer handgearbeiteter Schuh in der Regel aus dickeren, festeren Oberledern und Futterledern besteht, sind „moderne“ Schuhe oft aus leichteren Ledern gearbeitet. Infolge dessen werden neben Ober- und Futterleder noch zusätzliche aus Polsterteile und Stoffeinlagen in den Schuh eingearbeitet. Dies musste beim Schaftbau reproduziert werden, um ein originales Pass- und Laufgefühl zu gewährleisten.
Der Leisten
Der Maßschuhbau beginnt nach dem Maßnehmen immer - auch in diesem Fall - mit der Anfertigung des Maßleistens. Dieser muss den Maßen des Kundenfußes entsprechen.
Darüberhinaus, aufgrund der Tragegewohnheiten, seinem subjektiven Empfinden guter Passform. Je nach dem, ob er einen engeren oder eher eine bequemen Schuh bevorzugt. Dies ermitteln wir immer, also auch in diesem Fall, mit Anprobe vor der Fertigstellung.
Die besondere Schwierigkeit bei dem hier vorgestellten Nachbau war, das wir durch die vorgegebene Sohlenform beim Leistenbau eingeschränkt waren. Schließlich muss die Sohlenkante der Leistenform mit der vorhandenen Original-Sohlenform millimetergenau übereinstimmen.
Der Schaft
Nach Fertigstellung des Leistens konnte dier Erstellung des Schnittes, also die Gestaltung der Schaftteile angegeangen werden. Das farblich passende Leder wurde gesucht, zugeschnitten, geschärft und vernäht. Auch die Polsterungen und die Texttilkaschierung des Schaftes wurden 1:1 umgesetzt.
Selbst die Decksohle wurde originalgetreu nachempfunden, die Erlaubnis dazu hatten wir ja von höchster Stelle.
Das Zwicken
Was bei der Firma LLOYD mit Zwickmaschinen in ca. 10 Arbeitsminuten geschieht (der eigentliche Zwickvorgang geht sogar noch schneller), dauert in unserer Werkstatt in reiner Handarbeit natürlich bedeutend länger. Dafür sparen wir uns das manchmal mühsame und zeitraubende Einstellen der Zwickmaschine für die Serienproduktion. Für die Anfertigung von Einzelstücken ist das Zwicken von Hand also auch heute noch gar nicht mal so dumm – ganz abgesehen vom Preis für eine Zwickmaschine.
Beim Zwicken wird der Schaft, der ja aus den zusammengenähten, flächigen, Lederteilen schon halbwegs in Form genäht wurde, durch den Leisten in die endgültige, geschwungene Form des Schuhes modelliert. Zugleich wird der Schaft in diesem Arbeitsgang – beim Maßschuh – zusätzlich nach den Maßen des Kunden geformt. Dazu wird das Leder Zug um Zug mit der Zwickzange gefasst und über den Leisten gezogen und an der Brandsohle befestigt. Das dauert bei ca. 120 Zügen pro Schuh, insgesamt etwa 250 Zügen pro Paar, einfach seine Zeit.
Bei dieser Gelegenheit werden an Ferse und Schuhspitze auch zusätzliche Versteifungs-Teile eingearbeitet. An der Ferse, um dem Fuß einen angenehmen Halt im Schuh zu geben, an der Spitze, um die Zehen vor Stößen zu schützen. Und beides, um die Form des Schuhes auch auf längere Zeit zu erhalten.
Anprobe
Von der Anprobe - wie auch von der Übergabe - können wir Ihnen leider keine Bilder zeigen, denn die Privatsphäre unserer Kunden ist uns natürlich heilig. Aber soviel sei verraten, der Schuh hat gut gepasst, wobei das Gute sich an der Spitze noch etwas verbessern liess.
Nebenbei bemerkt haben wir bei diesem Projekt auch gelernt, wieviel Detailarbeit und Know-How bei der Firma LLOYD auch im Leistenbau in den Schuhen steckt.
Raffiniert.
Fertigstellung
Nach Einbau kleiner Verbesserungen mussten wir nur noch die Sohle dauerhaft am Schuh verkleben, das nehmen wir zur Anprobe nur provisorisch vor. Für Änderungen müssen wir die Sohle ja wieder entfernen können.
Die Genauigkeit unserer Arbeit wurde dann mit dem rundum vorschriftsmässigen Sitz der Schalensohle belohnt. Bei Abweichungen in der Sohlenbahn des Leistens wären wir hier nämlich mit klaffenden Lücken zwischen dem weißen Oberlder und der Sohle bestraft worden.
Äusserlich ist der fertige Schuh nun nicht mehr vom leider vergriffenen Original zu unterscheiden.
